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05.05.2020 10:00 Kategorie: Aktuelles DE, Aktuelles AT, Datenschutz, Deutschland, News, Österreich

Erforderlichkeit ist die Grundlage für Videobewerbungsgespräch

Videobewerbungsgespräch: Was gilt es datenschutzrechtlich zu beachten?


Homeoffice, Videomeetings oder Telefonkonferenzen sind derzeit in vielen Unternehmen an der Tagesordnung. Ziel: Belegschaften zu schützen, notwendige Arbeitsprozesse zu ermöglichen und die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Auch in diesen Zeiten laufen – Gott sei Dank – in vielen Unternehmen Bewerbungs- und Einstellungsverfahren. Aber sind physische Bewerbungsgespräche überhaupt durch ein Videobewerbungsgespräch zu ersetzen? Wie verhält es sich hier mit der Datenschutzgrundverordnung? „In einem Satz lässt es sich nicht beantworten“, gibt der erfahrene Datenschutzexperte Dr. Jörn Voßbein zu; aber in Zeiten von Corona haben die Fragen zu Videobewerbungsgesprächen in jedem Fall an Brisanz gewonnen. UIMC-Empfehlung: Unternehmen sollten genau prüfen, was möglich ist bei Bewerbungsverfahren. Ein Blick in die rechtlichen Grundlagen und was sich durch Corona verändert hat ist hier hilfreich:

Anders als bei physischen Bewerbungsgesprächen vor Ort findet durch eine Videoübertragung eine Datenverarbeitung statt. Der Grundsatz lautet: Eine Datenverarbeitung ist zulässig, wenn und soweit diese für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder für dessen Durchführung erforderlich ist.

Daher die Frage: Ist im Zuge der Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses ein Videogespräch erforderlich?

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist zu beachten, dass in die Privatsphäre des Bewerbers nur so tief eingegriffen werden darf, wie es zum Zweck der Bewerbung dienlich ist. Durch ein Gespräch oder Interview über Video werden sowohl Bild- als auch Tonaufnahmen und damit personenbezogene Daten nach Artikel 4 Nr. 1 DSGVO verarbeitet. Dabei sind als Rechtsgrundlagen § 26 Absatz 1 S. 1 BDSG (erforderlich zur Begründung des Beschäftigungsverhältnisses) oder die Einwilligung §26 Absatz 2 BDSG in Betracht zu ziehen.

An den Punkt der Erforderlichkeit sind damit keine geringen Anforderungen gestellt. In Zeiten der Corona-Krise mit Abstands- und Kontaktbeschränkungen ist aber davon auszugehen, dass Videogespräche im Vorfeld und zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses tatsächlich erforderlich sind und auch keine andere Maßnahme – verbunden mit einem geringeren Eingriff in die Privatsphäre des Bewerbers – geeignet ist, das Videogespräch zu ersetzen.  UIMC-Geschäftsführer Dr. Jörn Voßbein bringt als weitere Idee ein: „Bieten sie dem Bewerber die Alternative eines Vor-Ort-Gespräches oder eines Videogespräches an, dann besteht hinsichtlich der Freiwilligkeit des Bewerbers für das von ihm ausgewählte Videogespräch kein Zweifel.“

In jedem Fall datenschutzrechtlich nicht statthaft sind aber Aufzeichnungen des Videogesprächs mit dem Bewerber/der Bewerberin oder eine Sprach- und Gesichtserkennung mittels einer entsprechenden Software. „Eine solche weitgehende Datenverarbeitung ist nicht erforderlich, um ein Beschäftigungsverhältnis zu begründen“, erklärt Dr. Voßbein. Allein die Durchführung einer „Live-Videokonferenz“ könnte – insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Situation – datenschutzkonform in Betracht kommen.

Welchen Anbieter (Skype, Webex, Zoom, etc.) sollte ein Unternehmen nutzen? Hier gibt es nach Ansicht von UIMC keinen Königsweg. In jedem Fall sind im Zuge des Einsatzes noch die erforderlichen Informationspflichten sowie ein Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten zu erstellen. Auch ist ein Auftragsverarbeitungsvertrag abzuschließen und die aktuellen technischen und organisatorischen Sicherheitsmaßnahmen zu klären. Bei Beachtung dieser rechtlichen Vorgaben, steht guten Bewerbungsgesprächen per Videomeeting und einer hoffentlich erfolgreichen Personalgewinnung nichts mehr im Wege.